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https://www.berliner-zeitung.de/essay-zum-deutschen-fernsehen-stirbt-das-land-vor-langeweile-li.11639Aber die Webseite ist so mit Reklame verseucht (und verhunzt wurde der Artikel auch noch), daß man besser im Web-Archiv liest:
http://web.archive.org/web/20120325173336/http://www.berliner-zeitung.de:80/magazin/essay-zum-deutschen-fernsehen-stirbt-das-land-vor-langeweile-,10809156,11953168,view,printVersion.html[*quote*]
Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt – Berliner Zeitung
Magazin - 22.03.2012
Essay zum Deutschen Fernsehen
Stirbt das Land vor Langeweile?
Es ist, würde in einer Ecke des Wohnzimmers ein stummgeschalteter Jahrmarkt stehen.
Foto: Getty
Von Malte Welding
Das Versagen der deutschen Fernsehkultur gründet in der geistigen Verfassung des Landes: Individualität ist verdächtig, wer herausragt, wird einen Kopf kürzer gemacht. Eine Abrechnung.
Ich habe mal richtig viel Fernsehen geschaut, Ende der Neunzigerjahre ist das gewesen. Ich benutzte Fernsehen als Betäubungsmittel, um über den Tod meines Vaters hinweg zu kommen. Monatelang schaltete ich morgens Kerner an und schaute durch bis Domian. Dazwischen Arabella, VIVA, VIVA II, MTV, Nachrichten, Promi-Flashs, Raab, Dings, Soft-Erotik.
Alles war laut und hässlich, genau das, was ich brauchte, aber eines Nachts sah ich in der Wiederholung einer Bärbel Schäfer-Folge eine so brutale Überdosis von Hässlichkeit und Niedertracht (zwei Säufer freuten sich, nicht als Vater eines unglücklichen Säuglings infrage zu kommen), dass ich geheilt war.Es ist sowieso ein Irrtum, das Fernsehen für das Medium der Schönheit zu halten. Hier regiert das Hässliche, selbst die Models, die dauernd irgendwo gecastet werden, sehen in ihrer buckelnden Eifrigkeit scheußlich aus. Schönheit gibt es nur im Zusammenhang mit Produkten, in den Ästhetik-Inseln der Werbung.
Gerade war da noch der Parfum-Mann oder der Bier-Mann oder der Chips-Mann, der mit den vielen Freunden, jetzt sitzt da wieder Rainer Calmund oder der, der mal einen Schnauz hatte oder der, der bei Bild.de Witze macht, oder der, der früher mal Fernsehen gemacht hat und jetzt seine Rente auf dem Bildschirm abfeiert: Harald Schmidt. Irgendwann wird er so eine Art großer alter Mann des Bumswitzes sein, jetzt ist er das Mehltau gewordene Mahnmal der Langeweile, ein nicht enden wollendes Schlafwandeln, nein, Irrtum: Er ist ein Ghost Jobber.
[...]
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Laut und häßlich"Alles war laut und hässlich, genau das, was ich brauchte, aber eines Nachts sah ich in der Wiederholung einer Bärbel Schäfer-Folge eine so brutale Überdosis von Hässlichkeit und Niedertracht (zwei Säufer freuten sich, nicht als Vater eines unglücklichen Säuglings infrage zu kommen), dass ich geheilt war."Wann hat Malte Welding das geschrieben? 2012. Vor 11 Jahren. Und auch da war es nur eine Rückschau. Inzwischen ist alles noch viel öder, noch viel brutaler, noch viel nackter und noch viel dümmer geworden. Dummheit und Gewalt als Qualitätskriterium, so ist heute das Fernsehen.
Dummheit und Gewalt als Qualitätskriterium, so ist heute das Fernsehen.Das Fernsehen ist eine Jauchegrube. Nicht nur private, sondern auch öffentlich-rechtliche Sender sind nur noch ein Haufen Scheiße. Ein Fall für Hochdruckreiniger und Gummistiefel.
Und dann wundert "man" sich noch über Impfgegner und andere Vollidioten? Wundert sich über die brutalstmögliche Verblödung von Schulabgängern, die in der Schule nichts gelernt haben, außer Gewalt?
"Man" guckt nach Frankreich, "man" ist irritiert.
Gegen das, was in Deutschland hereinbricht, ist das brennende Frankreich altehrwürdige Sonntagsschule. Es ist alles nur eine Frage der Zeit.
Das ist heute in der Website der BILD.DE geschaltete Reklame des Senders RTL:
