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Author Topic: BGH: "würde Meinungs- +Medienfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt"  (Read 1005 times)

ama

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http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2009&Sort=3&nr=50267&pos=0&anz=255

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Der Bundesgerichtshof

Pressemitteilung Nr. 255/09 vom 15.12.2009

Siehe auch:  Urteil des VI. Zivilsenats vom 15.12.2009 - VI ZR 228/08 -,
Urteil des VI. Zivilsenats vom 15.12.2009 - VI ZR 227/08 -

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

Nr. 255/2009

Deutschlandradio darf Mitschriften nicht mehr aktueller Rundfunkbeiträge,
in denen im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Sedlmayr der Name der
Verurteilten genannt wird, in ihrem "Online-Archiv" weiterhin zum Abruf
bereithalten


Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die wegen Mordes an dem
Schauspieler Walter Sedlmayr Verurteilten von Deutschlandradio nicht
verlangen können, es zu unterlassen, in dem für Altmeldungen vorgesehenen
Teil des Internetauftritts http://www.dradio.de Mitschriften nicht mehr aktueller
Rundfunkbeiträge weiterhin zum Abruf bereitzuhalten, in denen im
Zusammenhang mit dem Mord an Walter Sedlmayr der Name der Verurteilten
genannt wird.

Die Kläger wurden im Jahr 1993 wegen Mordes an dem Schauspieler Walter
Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Sommer 2007
bzw. Januar 2008 wurden sie auf Bewährung entlassen. Sie verlangen von der
Beklagten, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts einen
Rundfunksender und ein Internetportal betreibt, es zu unterlassen, über
sie im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten.
Die Beklagte hielt auf ihrer Internetseite in der Rubrik "Kalenderblatt"
jedenfalls bis ins Jahr 2007 die Mitschrift eines auf den 14. Juli 2000
datierten Beitrags mit dem Titel "Vor 10 Jahren Walter Sedlmayr ermordet"
zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin hieß es unter
Nennung des Vor- und Zunamens der Kläger wahrheitsgemäß u. a., Sedlmayrs
Kompagnon W. und dessen Bruder L. seien 1993 nach einem sechsmonatigen
Indizienprozess zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die beiden
beteuerten bis heute ihre Unschuld und seien erst in diesem Jahr vor dem
Bundesverfassungsgericht mit der Forderung gescheitert, den Prozess
wiederaufzurollen.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Auf die Revision der Beklagten
hat der u. a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts
zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Urteile der
Vorinstanzen aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Zwar liegt in dem
Bereithalten der die Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im
Internet ein Eingriff in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht. Der
Eingriff ist aber nicht rechtswidrig, da im Streitfall das Schutzinteresse
der Kläger hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse
der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung
zurückzutreten hat. Die beanstandete Meldung beeinträchtigt das
Persönlichkeitsrecht der Kläger einschließlich ihres
Resozialisierungsinteresses unter den besonderen Umständen des Streitfalls
nicht in erheblicher Weise. Sie ist insbesondere nicht geeignet, die
Kläger "ewig an den Pranger" zu stellen oder in einer Weise "an das Licht
der Öffentlichkeit zu zerren", die sie als Straftäter (wieder) neu
stigmatisieren könnte. Sie enthält sachlich abgefasste, wahrheitsgemäße
Aussagen über ein Kapitalverbrechen an einem bekannten Schauspieler, das
erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte. Angesichts der Schwere des
Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers, des erheblichen Aufsehens, das
die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte und des Umstands, dass sich die
Verurteilten bis weit über das Jahr 2000 hinaus um die Aufhebung ihrer
Verurteilung bemüht hatten, war die Mitteilung zum Zeitpunkt ihrer
Einstellung in den Internetauftritt der Beklagten zulässig. Hieran hat
sich trotz der zwischenzeitlich erfolgten Entlassung der Kläger aus der
Haft nichts geändert. Der Meldung kam nur eine geringe Breitenwirkung zu.
Sie war nur auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des
Internetauftritts der Beklagten zugänglich, ausdrücklich als Altmeldung
gekennzeichnet und nur durch gezielte Suche auffindbar. Zu berücksichtigen
war darüber hinaus, dass ein anerkennenswertes Interesse der
Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle
Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene
zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren. Das von den Klägern
begehrte Verbot hätte einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der
Meinungs- und Medienfreiheit, der den freien Informations- und
Kommunikationsprozess einschnüren würde. Würde auch das weitere
Bereithalten ausdrücklich als solcher gekennzeichneter und im Zeitpunkt
der Einstellung zulässiger Altmeldungen auf dafür vorgesehenen Seiten zum
Abruf im Internet nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung
der zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres unzulässig und wäre die
Beklagte verpflichtet, von sich aus sämtliche archivierten Hörfunkbeiträge
immer wieder auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, würde die Meinungs-
und Medienfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt. Angesichts des mit
einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands
bestünde die Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der
Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der
erstmaligen Sendung die Umstände ausklammern würde, die  wie vorliegend
der Name des Straftäters  die Mitschrift der Sendung später rechtswidrig
werden lassen könnten, an deren Mitteilung die Öffentlichkeit aber im
Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung ein schützenswertes Interesse
hat.

Urteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 und VI ZR 228/08

LG Hamburg - Entscheidungen vom 29. Februar 2008 - 324 O 459/07 und 469/07

OLG Hamburg - Entscheidungen vom 29. Juli 2008 - 7 U 30/08 und 31/08

Karlsruhe, den 15. Dezember 2009

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
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Der Skandal in Gelsenkirchen
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