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Fallbericht
Eine ungewöhnliche Heilung schwerer gastro-intestinaler Störungen durch Beitritt zu einer Sekte nach einem Fallbericht von Paul Dubois (1848 - 1918) um 1900
Aus: "Die Psychoneurosen und ihre seelische Behandlung", 32. Vorlesung, S. 432 ff,
hier: 433 ff, 1910. Bern: A. Francke.
(Kursiv-fette Hervorhebungen von uns, Kommentare aus Sponsel 1995, 455-456)
"Vor einigen Jahren berief mich ein Kollege zu einer Dame von sechsunddreissig Jahren, welche seit mehreren Jahren an sehr schweren gastro-intestinalen Störungen litt: gänzliche Appetitlosigkeit, belegte Zunge, Magenschmerzen, Aufstossen mit Brechreiz, Erbrechen, hartnäckige, mit profusen Diarrhoen abwechselnde Stuhlverstopfung. Außerdem wurde die Kranke von heftigen Kopfschmerzen und von Schlaflosigkeit geplagt; sie war ängstlich und niedergeschlagen, in der Schilderung ihrer Leiden zur Übertreibung geneigt. ... Die Kranke war ohne den geringsten Erfolg mittelst ... behandelt worden.
Mir fiel im Gegenteil der psychische Zustand der Kranken auf. Sie hatte den für die Hysterie so charakteristischen, unsteten und zugleich ängstlichen Blick. Ohne die Verdauungsstörungen zu übergehen, legte sie das Hauptgewicht auf die fürchterlichen anhaltenden Kopfschmerzen und auf die Präkordialangst. Trotz der ungenügenden Ernährung hatte sie eine gewisse Körperfülle behalten, sie war auch nicht anämisch; dessen ungeachtet bestand seit sieben Monaten Amennorrhoe. Alle diese nervösen Erscheinungen waren gleich im Anfang ihrer unglücklichen Ehe aufgetreten, welche nach einem jahrelangen Martyrium endlich getrennt wurde. Der Arzt, welcher die Kranke zuletzt behandelte, teilte meine Auffassung, daß es sich um eine nervöse Dyspepsie {R. S.: Verdauungs-, Magen-, Darmstörungen; heute ICD-10 F45.31} in Verbindung mit einem Zustande Hystero-melancholie handle, und er erblickte in den unglücklichen ehelichen Verhältnissen das wichtigste ätiologische Moment." (a. a. O., S. 433 f).
DUBOIS berichtet nun weiter, daß nach zunächst erfolgloser ambulanter Behandlung die stationäre nach 5 Wochen gut anschlug bis es zu einer Krise in der Patientin Psychotherapeut Beziehung kam, deren Ursprung ihm verborgen blieb und es kam zum Behandlungsabbruch.
"... Da teilte mir ein Jahr später jener Kollege, der mir den Fall zugewiesen hatte, die überraschende Nachricht mit, die Kranke sei ganz plötzlich, von einem Tag auf den andern, vollständig geheilt worden, und zwar einzig und allein unter dem Einfluß einer gänzlichen Sinnesänderung. Die bis dahin in Glaubenssachen ziemlich laue Kranke war einer religiösen Sekte beigetreten, und wie auf einen Schlag waren die Störungen verschwunden. Auf die Frage meines Kollegen: Und Sie können jetzt alles, selbst die schwer verdaulichen Speisen vertragen? hatte sie mit einem seligen Lächeln(F1) geantwortet: "Jawohl, die Speisen sind uns zu unserm Besten geschenkt, sie können uns nicht schaden!""
(S. 435)
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Quelle:
http://www.sgipt.de/faelle/dubois1.htm.