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Author Topic: Arme Milchkühe!  (Read 48 times)

Ayumi

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Arme Milchkühe!
« on: May 29, 2022, 05:23:13 PM »

Der Teufel liegt im Detail.  8)

https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/5920/Ebert_online.pdf?sequence=1&isAllowed=y

[*quote*]
Aus der Klinik für Klauentiere
des Fachbereichs Veterinärmedizin
der Freien Universität Berlin

Randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie zur Untersuchung der Effekte einer
homöopathischen Mastitistherapie bei Milchkühen

Inaugural-Dissertation
zur Erlangung des Grades eines
Doktors der Veterinärmedizin
an der
Freien Universität Berlin

vorgelegt von

Fanny Ebert
Tierärztin
aus Pirna

Berlin 2016

Journal-Nr.: 3906Gedruckt mit Genehmigung des Fachbereichs Veterinärmedizin
der Freien Universität Berlin
Dekan: Univ.-Prof. Dr. Jürgen Zentek
Erster Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Rudolf Staufenbiel
Zweiter Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Alexander Starke
Dritter Gutachter: Univ.-Prof. a.D. Dr. Holger Martens

Deskriptoren (nach CAB-Thesaurus):
dairy cows; bovine mastitis; complementary and alternative medicine;
homeopathic drugs; randomized controlled trials
Tag der Promotion: 01.11.2016

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.ddb.de> abrufbar.
ISBN: 978-3-86387-783-5
Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 2016
Dissertation, Freie Universität Berlin
D 188
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

[...]

Schlussfolgerungen
6
Schlussfolgerungen

Leistungsparameter und Eutergesundheitskennzahlen des Studienbetriebes sind im
Vergleich zum Durchschnitt brandenburgischer Milchviehbetriebe sehr gut, sodass
eine Verzerrung des Therapieerfolges durch
Fehler im Herden- und in drei Eutergesundheitsmanagement unwahrscheinlich ist.

Die Ergebnisse der erkrankungsunabhängigen Daten liegen allen
Untersuchungsgruppen auf einem ähnlichen Niveau. Daraus lässt sich schließen, dass
die Randomisierung erfolgreich war und die erkrankungsabhängigen Parameter
zwischen den Gruppen verglichen werden können.

Zwischen den Tieren der Verumgruppe und denen der Placebogruppe existieren keine
signifikanten Unterschiede bezüglich aller erkrankungsabhängigen Parameter.
Signifikant bessere Ergebnisse der Verumgruppe hätten spezifische Effekte auf den
Heilungsverlauf, ausgelöst durch die Wirkstoffe der eingesetzten Homöopathika,
nachgewiesen. Die vorliegende Untersuchung konnte jedoch keinen spezifischen
Wirkstoffeffekt der eingesetzten Homöopathika belegen.

Bei den relevanten erkrankungsabhängigen Parametern bestehen keine signifikanten
Unterschiede zwischen der unbehandelten Kontrollgruppe und der Verum- bzw.
Placebogruppe.
Eine klinische Besserung, welche sich durch mögliche
wirkstoffunabhängige Effekte der homöopathischen Behandlung einstellt, ist in der
vorliegenden Untersuchung nicht erkennbar.

Die durchschnittlich sehr niedrige Zellzahl in der Milch, die in der vorliegenden Arbeit
bei der ersten Milchleistungsprüfung nach überstandener Studienmastitis ermittelt
wurde, weist auf eine gute zytologische Heilung hin. Für weiterführende
Untersuchungen wäre die Beurteilung der zytologischen und bakteriologischen
Heilungsrate empfehlenswert.

Eine erstellte Kostenanalyse ergibt einen finanziellen Mehraufwand der
homöopathisch behandelten Tiere im Vergleich zu den unbehandelten Kontrolltieren.
Der durch die homöopathische Therapie verursachte erhöhte Zeitaufwand und damit
verbundene finanzielle Mehraufwand entsteht durch die Vorbereitung und Auswahl der
Homöopathika sowie Dokumentation der homöopathischen Therapie.

Trotz des in der vorliegenden Studie ausbleibenden spezifischen Wirkstoffeffektes und
unspezifischen Behandlungseffektes
konnten zufriedenstellende Therapieerfolge
erzielt werden. Vergleichbar hohe klinische Heilungsraten sind in der gesichteten
Literatur selten. Ein negativer Effekt des eingesetzten Therapieverfahrens konnte nicht

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Schlussfolgerungen

nachgewiesen werden. Daher fällt es schwer, die homöopathische Therapie von
Mastitiden ausnahmslos abzulehnen.

Wegen des ausbleibenden spezifischen Wirkstoffeffektes sollten Homöopathika nicht
als Medikation, sondern als medizinische Maßnahme zur Verbesserung der
Tiergesundheit angesehen werden.
Daher muss der Einsatz von Homöopathika stets
an Bedingungen geknüpft sein:

o wie gesetzlich vorgeschrieben, erfolgt die Umwidmung homöopathischer Medikamente nur durch den Tierarzt

o keine alleinige homöopathische Therapie, wenn für das Tier dadurch unnötige Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen

o Einsatz von Homöopathika nur bei bestimmten Erkrankungen unter Vereinbarung fester Abbruchkriterien

o homöopathische Behandlung nur durch geschultes Personal und nach Rücksprache mit dem betreuenden Tierarzt

o keine homöopathische Therapie bei lebensbedrohlichen Situationen, Hypocalcämie/Hypomagnesiämie, Dehydratation, Schock, Ileus/Dislocatio abomasi, Frakturen/Wunden, unheilbaren organischen Schäden, seuchenartigen Krankheiten

o Verzicht auf kaum verdünnte oder unverdünnte Homöopathika mit mutagenen oder kanzerogenen Grundsubstanzen

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Zusammenfassung
7
Zusammenfassung

Randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie zur Untersuchung der Effekte einer
homöopathischen Mastitistherapie bei Milchkühen

Die Mastitis beim Milchrind ist ein bedeutendes Problem der Milchwirtschaft im Hinblick auf
Tierschutz, Ökonomie und Verbraucherschutz. In den letzten Jahren hat die Anwendung
homöopathischer Therapiekonzepte in Milchviehbetrieben stark zugenommen, obwohl
Wirksamkeit, Vorteile und Risiken der homöopathischen Therapie kontrovers diskutiert
werden. Bisherige Forschungsarbeiten zur Homöopathie in der Veterinärmedizin sind geprägt
von verhaltener wissenschaftlicher Tätigkeit, divergierenden Ergebnissen und
unterschiedlicher wissenschaftlicher Qualität. Deutlich weniger Publikationen ergeben einen
statistisch signifikanten Vorteil der Homöopathie als die Schlussfolgerungen der Autoren
bezüglich der Ergebnisse ihrer Studie nahelegen.
Ziel dieser dreifach verblindeten, randomisierten und Placebo-kontrollierten Studie war es, in
den Nutzen einer homöopathischen Bestandstherapie am Beispiel der Mastitis zu beurteilen.
Zwischen Juni 2013 und Mai 2014 wurden in einem großen Milchviehbetrieb in
Norddeutschland 195 Kühe mit akut katarrhalischer Mastitis randomisiert einer Verum- und
Placebogruppe zugeteilt. Zur Überprüfung der natürlichen Heilungsprozesse wurde ab März
2014 zusätzlich eine homöopathisch unbehandelte Kontrollgruppe mitgeführt (n=15). Für
jedes relevante Homöopathikum standen Verum- und Placebovarianten zur Verfügung, die
den Studientieren der jeweiligen Gruppe entsprechend den betriebsspezifischen Protokollen
und den Behandlungsgrundsätzen der klinischen Homöopathie vaginal appliziert wurden. Für
die Behandlung war hauptsächlich ein Komplex-Homöopathikum, bestehend aus vier
Nosoden der Potenz C200 (Streptococcinum-, Staphylococcinum-, Pyrogenium-,
E. coli-Nosode), vorgesehen. Mastitiden mit schwerem klinischem Verlauf wurden zusätzlich
schulmedizinisch therapiert. Während der Erkrankungsdauer und der maximal 200 Tage
andauernden Nachbeobachtungszeit wurden erkrankungsunabhängige (Stamm-,
Fruchtbarkeits-, Kalbungs - , Leistungs- und Anamnesedaten) sowie erkrankungsabhängige
Parameter (Erkrankungsdauer, Daten zu Behandlung, klinischer Heilung, Abgang,
Folgemastitiden, Zellzahl) erfasst. Die Zellzahl wurde im Zuge der ersten
Milchleistungsprüfung nach Beendigung der Mastitis ermittelt. Die Auswertung der Daten
erfolgte mittels Überlebensanalyse nach Kaplan-Meier, ANOVA, T-Test, Kruskal-Wallis- und
Mann-Whitney-U-Test, Chi-Quadrat-Test sowie exaktem Test nach Fisher.
Die erkrankungsunabhängigen Parameter wurden zwischen allen 210 Studientieren
verglichen. Nach Ausschluss der Kühe mit vorzeitigem Studienende (n=33) erfolgt die Analyse
der Hauptergebnisse für die übrigen 177 Tiere. Zwischen der Verumgruppe, der

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Zusammenfassung

Placebogruppe und der unbehandelten Kontrollgruppe lassen sich keine signifikanten
Unterschiede bezüglich der erkrankungsunabhängigen Parameter ermitteln. Lediglich die
Anzahl der bakteriologisch untersuchten Milchproben mit einem positiven
Staph. – aureus-Befund ist in der unbehandelten Kontrollgruppe signifikant höher als in der
Verum- und Placebogruppe. Weder zwischen der Verum- und Placebogruppe noch bei dem
Vergleich der beiden Gruppen mit der Kontrollgruppe können signifikante Unterschiede
bezüglich des Behandlungserfolges ausgemacht werden (p = 1,000; p = 0,585 und p = 0,597).
Die klinische Heilungsrate nach sieben (p = 0,938) und 14 Tagen (p = 0,770) ist in allen drei
Untersuchungsgruppen vergleichbar hoch. Die Behandlungsdauer ist in der unbehandelten
Kontrollgruppe signifikant niedriger als in der Verum- und Placebogruppe (p<0,001).
Insgesamt 60 % der Tiere der unbehandelten Kontrollgruppe erhalten während der Mastitis
kein Medikament, während infolge des Behandlungsregimes allen Tieren der Verum- und
Placebogruppe Studienhomöopathika verabreicht werden (p<0,001).
Bezüglich der Behandlung mit nicht-antibiotischen Allopathika (p = 0,178) und Antibiotika (p = 0,081)
existieren keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.
Erkrankungsdauer (p = 0,749), Auftreten von Folgemastitiden (p = 0,647), Zellzahl (p = 0,642)
sowie Abgangshäufigkeit (p = 0,229) liegen in den Gruppen auf einem ähnlichen Niveau.
Aufgrund der ähnlichen Ergebnisse der erkrankungsunabhängigen Parameter in allen drei
Gruppen können die erkrankungsabhängigen Parameter zwischen den Gruppen verglichen
werden. Aus den Ergebnissen der erkrankungsabhängigen Parameter lässt sich schließen,
dass in der vorliegenden Untersuchung weder ein spezifischer Wirkstoffeffekt noch ein
unspezifischer Behandlungseffekt nachweisbar ist. Die zufriedenstellenden Therapieerfolge
erschweren jedoch die kategorische Ablehnung der Homöopathie. In einem großen modernen
Milchviehbetrieb könnte die Homöopathie möglicherweise als Hilfsmittel eingesetzt werden,
um Herdenmanagement und Tiergesundheit zu optimieren und die Verwendung allopathischer
Medikamente zu reduzieren. Allerdings sollte eine homöopathische Behandlung stets nach
Rücksprache mit dem Tierarzt, nur bei bestimmten Erkrankungen, unter Vereinbarung
definierter Abbruchkriterien und ausschließlich durch geschultes Personal erfolgen. Weiterhin
sollten Grundsubstanz und Verdünnung des eingesetzten Homöopathikums unbedenklich
sein. Beim Einsatz homöopathischer Behandlungsregime sollte der Tierarzt eine
entscheidende Rolle als fachlicher Berater einnehmen und auf die Umsetzung der
Bedingungen zur homöopathischen Behandlung achten.

Um den Nutzen einer homöopathischen Bestandsbehandlung umfassend beurteilen zu
können, homöopathisch arbeitende Landwirte besser zu beraten und inadäquate Therapien
zu vermeiden, bedarf es weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen sowie einer
Verbesserung des veterinärmedizinischen Wissensstandes bezüglich homöopathischer
Therapiemethoden.

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