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Digitalisierung der Polytechnischen Journals
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Titel: J. Pohlmann's Damenpulver.
Autor: Anonymus
Fundstelle:
1863, Band 170/Miszelle 10 (S. 447–449)URL:
http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj170/mi170mi06_10|448|
J. Pohlmann's Damenpulver.Von einer Standesdame (in München) wurde uns neulich ein, nach deren Zeugniß in der eleganten Damenwelt vielfach gebrauchtes Kosmetik, Hautverschönerungsmittel, mit dem Anliegen zugestellt, dasselbe einer Prüfung auf etwaige gesundheitsgefährliche Beimischungen zu unterwerfen.
Da die nähere Kenntniß derartiger Geheimmittel, wenn sie nicht, wie indeß nur selten der Fall, aus völlig unschädlichen Ingredienzien bestehen, immer von gesundheitspolizeilichem Interesse ist, so fügen wir in der nachfolgenden Notiz das Ergebniß unserer Analyse dieses in jene, leider sehr reichhaltige Classe gehörenden Beispieles an.
Das röthlich-weiße, etwas schimmernde, beim Reiben zwischen den Fingern schwach fettig anzufühlende Pulver war in eine 81 Millimeter (etwas mehr als 3 1/4 Zoll bayer.) im Lichten fassende, flache, innen 16 Millimeter (5/8 Zoll bayer.) hohe, runde Pappschachtel eingeschlossen, die von außen mit rosarothem Glanzpapier, der vom Deckel überfaßte Theil mit dergleichen hellblauem, beklebt war. Der Deckel trägt außen eine weiße goldbedruckte, ihn ganz überdeckende Etikette, in deren Mitte auf strahlenförmig vom Centrum ausgehenden Linien ein doppelköpfiger Adler aufgedruckt ist. Die Brust des Adlers trägt den Herzschild des österreichischen Wappens. Beides, Adler und Herzschild, findet sich von der Bezeichnung DAMEN-PULVER überdruckt in Lapidarschrift von starken weißen goldgesäumten Conturlinien eingefaßt. Diese Aufschrift nimmt fast den ganzen Durchmesser des Deckels in Anspruch. Man erkennt hinter dem P dieser Signatur die (heraldisch) linke (im Sinne des Adlers) Seite (Theilung) des Herzschildes: den rothen (vertical schraffirt) mit drei schrägen Silberadlern (sehr undeutlich, unten als pfeilspitzenähnliche Zeichnung erscheinend) besetzten Zwerchbalken auf goldenem (punktirt) Felde (Lothringen). Die rechte Schildestheilung, den rothen Habsburgischen Löwen im goldenen Felde tragend, ist wegen undeutlichen Druckes schlecht zu erkennen. Ueber dem Adler befinden sich nahe der Peripherie der Etikette die Worte: k. k. ausschlissl. priv. feinstes und ebenso darunter von J. Pohlmann jeder einzelne Buchstabe unterstrichen und in einer zweiten damit concentrischen Reihe: Stadt, Kohlmarkt, Apotheke zum Hirschen. An der Schachtel befand sich außerdem seitlich ein blaues Lacksiegel von Stanniol überdeckt, inmitten wieder einen zweiköpfigen Adler tragend und mit folgender Inschrift der Peripherie, oben: k. k. AUS. PRIV. und unten DAMENPULVER.
Unter dieser Etikette, durch Aufweichen und Ablösen derselben sichtbar gemacht, befand sich noch eine frühere auf rosenfarbigem Glanzpapier gedruckte. Sie trug eine schwarze Zeichnung aus rautenförmig sich kreuzenden, von einem freien mittleren runden Felde (30 Millimeter) strahlenförmig ausgehenden feinen Linien und sieben kräftigen ausgezackten concentrischen Kreisen. Das mittlere Feld trug wieder nebst einigen Schnörkeln die Aufschrift: Feinstes Damenpulver von J. Pohlmann.
Das Geheimmittel scheint also früher in dieser weniger eleganten Verpackung in den Handel gekommen zu seyn, wenn man sich nicht etwa dadurch gegen Nachahmung zu schützen beabsichtigte.
Das Kosmetik selbst zeigte bereits unter der Loupe sichtbare Einmengungen eines schönrothen, in Wasser löslichen, Färbungsmittels, Carmin. Bei stärkerer Vergrößerung, unterm Mikroskope, stellte sich dasselbe im Wesentlichen als aus unregelmäßigen durchscheinenden Schuppen bestehend dar.
Beim Erhitzen mittelst des Löthrohres nahm es, unter Abgabe einer geringen Menge Wassers, eine grauschwarze, dann gelbe Farbe an und brannte sich unter Luftzutritt endlich völlig weiß.
An Wasser gab dasselbe außer den Spuren von Farbstoff so gut wie Nichts ab. Mit Salpetersäure übergossen brauste es mäßig; der bei weitem größte Theil war indeß darin unlöslich.
Der salpetersaure Auszug zeigte in der qualitativen Untersuchung nur Blei als schwer metallische Einmengung. Außerdem geringe Mengen von Kalk und Magnesia.
Wismuth, welches man wegen der häufigen Verwendung des basisch-salpetersauren Salzes und bas. Chlorids (Blanc d'Espagne, Pearl white etc.) besonders hätte vermuthen können, war nicht zugegen; die resultirenden Chloride, mit Alkohol extrahirt, fällte Schwefelwasserstoff, kein Schwefelwismuth; das bei der Reduction erhaltene Bleikorn war völlig dehnbar.
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Salzsäure und Schwefelsäure waren nicht zugegen, ebensowenig fand sich außer Kohlensäure eine andere Säure.
Der in Salpetersäure unlösliche Rückstand zeigte noch die ursprüngliche Fettigkeit des Kosmetiks beim Anfühlen, war unschmelzbar, färbte sich mit Kobaltsolution befeuchtet und geglüht röthlich und charakterisirte sich durch sein mineralogisches Verhalten überhaupt leicht völlig als Talk.
Die quantitative Feststellung der gefundenen Bestandtheile ergab sich weiters wie folgt. Das Pulver zeigte sich im Exsiccator unveränderlich Als 0,848 Grm. desselben mit Salpetersäure behandelt wurden, blieben 0,624 Grm., 73,58 Proc. entsprechend, an Talk zurück. Die salpetersaure Lösung lieferte außerdem 0,164 Grm. schwefelsaures Bleioxyd, 14,23 Proc. Bleioxyd anzeigend, und 0,018 Grm. kohlensauren Kalk, 1,19 Proc. Kalk ergebend; endlich 0,066 Grm. pyrophosphorsaure Magnesia oder 2,85 Proc. Talkerde. Die Kohlensäure, bestimmt nach Fresenius und Will unter Anwendung von Salpetersäure zur Zerlegung, ergab sich bei Verwendung von 1,0 Grm. Substanz zu 0,039 Grm., also 3,9 Proc.
Behufs der directen Wasserbestimmung wurde noch eine dritte Probe des Pulvers im Verbrennungsrohr und übersteigenden getrockneten Luftstrom geglüht, das entweichende Wasser im Chlorcalciumrohre aufgefangen und gewogen. Es gaben in solcher Weise 0,292 Grm. Substanz 0,012 Grm. Wasser, oder 4,11 Proc.
Die procentische Zusammensetzung unseres Untersuchungs-Materials gestaltet sich demnach wie folgt:
Talkpulver 73,54
Bleioxyd 14,23
Kalk 1,19
Magnesia 2,85
Kohlensäure 3,90
Wasser 4,11
–––––
99,82.
Es kann hiernach keinem Zweifel unterliegen, aus welchen Ingredienzen dieses Kosmetik hergestellt wurde.
Man wird ein in seinen Wirkungen ganz ähnliches Product erhalten, wenn man etwa vier Gewichtstheile Talkpulver mit einem Gewichtstheile Bleiweiß (Kremserweiß) mengt, eine zur schwachen Rosafärbung des Ganzen hinreichende Menge Carmin (Florentiner Lack od. dgl.) zufügt und die Mischung endlich noch mäßig parfümirt.
Die Schachteln der Originalverpackung fassen etwa zwei Unzen des Pulvers. Der Preis derselben ist, wie es bei derartigen Mitteln selten der Fall, ein sehr bescheidener, in Wien selbst nämlich 24 kr. für die Schachtel.
Hinsichtlich des Gebrauches dieses Mittels geben wir noch ein Paar Anmerkungen, wie sie uns von der Dame, die uns mit der Untersuchung betraute, mitgetheilt wurden. Nach der Versicherung derselben soll der Verbrauch dieses Hautverschönerungsmittels in der eleganten Damenwelt Wiens ein sehr ausgedehnter seyn, und sich dasselbe auch bereits hier in München zahlreiche Gönnerinnen erworben haben.
Die Haut (vorzüglich des Gesichtes) wird Abends vor dem Schlafengehen nach dem Waschen mit Glycerin befeuchtet, dessen Ueberschuß man am anderen Morgen beim Aufstehen entfernt, und nun wird ohne zwischenfolgendes Waschen sofort das Pulver mittelst eines Baumwollenpausches (die sonst gebräuchliche Puderquaste würde schnell verdorben) trocken aufgetragen und eingerieben. Die Wirkung soll eine staunenerregende seyn.
Einen ernstlich sanitätsgefährlichen Einfluß wird man diesem Mittel wohl schwerlich zuzusprechen geneigt seyn; immerhin stellt jedoch der nicht unbeträchtliche Bleigehalt darin dasselbe in die große Kategorie der nicht völlig giftfreien Schönheitsmittel. Einen weit gefährlicheren und gleichfalls sehr beliebten Rivalen hat dasselbe hier in München in einem Schönheitswasser mit sehr beträchtlichem Gehalt an darin ausgeschlämmtem Calomel, dessen Gebrauch allerdings leicht viel bedenklichere Folgen haben kann. Dr. C. G. Reischauer. (Aus Buchners neuem Repertorium für Pharmacie, Bd. XII S. 318.)
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