Schon wieder ein Schwindel der Homöopathiemafia: ein "Artikel" in einem Einkaufsführer. "Wirksam", zu erreichen über die Domain wirksam.online, ist keine Zeitschrift, sondern ein Einkaufsführer. Der Verlag produziert auch Einkaufsführer für den Straßenbau.
Alles bloß gekauft.
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FIT UND GESUND
HOMÖOPATHIE – WAS IST
DRAN AN DEN
TEXT: STEFAN REIS
Pflegebedürftige Menschen sind
oft auf die Unterstützung durch
Medikamente angewiesen. Kann
die Klassische Homöopathie einen
Ausweg aus der Multimedikation
bieten? Ist sie eine sinnvolle Alter-
native zu Medikamenten mit zum
Teil schweren Nebenwirkungen?
Erleichtert sie die Pflege und lin-
dert sie effektiv Beschwerden der
Patient*innen? Stefan Reis, Heil-
praktiker und Vorstand im Ver-
band Klassischer Homöopathen
Deutschlands e.V., gibt Antworten
auf die wichtigsten Fragen.
WAS IST HOMÖOPATHIE?
Die Homöopathie ist eine Arzneithe
rapie, die der deutsche Arzt Samuel
Hahnemann im ausgehenden 18. und
vor allem zu Beginn des 19. Jahrhunderts
entwickelt hat. Er hatte festgestellt,
dass ein Arzneimittel, das nach dem so
genannten »Ähnlichkeitsprinzip«
gewählt wird, eine anhaltendere, sta
bilere Besserung von Beschwerden
erzeugt, als die Verordnung eines
Arzneimittels, das nach dem »Gegen
satzprinzip« wirkt.
ÄHNLICHKEITSPRINZIP?PRINZIP?
GEGENSATZ
Zu Hahnemanns Zeit war es gängige
Praxis, beispielsweise Opium bei Schlaf-
losigkeit zu geben, um damit das
Gegenteil – nämlich tiefen Schlaf – zu
erzeugen. Nach demselben Prinzip
trank und trinkt man morgens einen
Kaffee. Koffein erzeugt das Gegenteil
von Schläfrigkeit, nämlich Munterkeit.
Ein Schmerzmittel unterdrückt die
Schmerzempfindung, Sedativa unter
drücken Unruhe- oder Angstzustände
– nach dem »Gegensatzprinzip«. Das
Problem dieser Verordnungsweise hatte
Hahnemann erkannt: bei Nachlassen
der Wirkung muss die Dosis wiederholt,
oft auch sukzessive gesteigert werden.
Das ist bei Kaffee im Allgemeinen kein
großes Problem, bei stark wirkenden
Arzneimitteln jedoch kommen in vielen
Fällen unerwünschte Arzneiwirkungen
hinzu und, bei multimorbiden Menschen,
unabsehbare Wechselwirkungen mit
anderen Medikamenten.
Verordnet man dagegen ein Arznei-
mittel nach dem Ähnlichkeitsprinzip,
kann manbeobachten, dass die bes
sernde Wirkung deutlich länger anhält
und in vielen Fällen sogar dauerhafte
Beschwerdefreiheit eintreten kann.
»Ähnlichkeitsprinzip« bedeutet dabei,
dass man potenzielle Arzneimittel zu
nächst auf die von ihnen auslösbaren
Symptome hin systematisch untersucht.
In der Homöopathie nennt man das
»Arzneimittelprüfung«. Dabei nehmen
gesunde Versuchspersonen kleine
Mengen der entsprechenden Substanz
ein und notieren minutiös, welche Be
schwerden sie bemerken. Kommt es
beispielsweise zu Kopfschmerzen, wird
möglichst genau darauf geachtet, was
vielleicht jeweils der Auslöser ist, wo
genau der Schmerz lokalisiert werden
kann, wie er sich anfühlt und welche
Einflüsse den Schmerz verbessern oder
verschlimmern. Der Begriff des »Symp
toms« wird in der Homöopathie dabei
recht weit gefasst und kann beispiels
weise auch bedeuten, dass ein Prüfer
während der Arzneimittelprüfung (oder
eben analog ein Patient im Rahmen
seiner Krankheit) plötzlich kein Fleisch
mehr mag. Oder, um ein weiteres
Beispiel zu nennen, wenn jemand –
ganz gegen seine Natur – zaghaft und
weinerlich wird.
Zurück zur Arzneimittelprüfung: Die
Symptome aller beteiligten Prüfer*innen
werden gesammelt und sortiert. Bei
toxischen Substanzen kann man zudem
Symptome aus Vergiftungsberichten er
gänzen. Beschwerden, die mehrere Per
sonen ähnlich entwickelt haben oder die
sich in der Praxis durch die Anwendung
der Arznei heilen ließen, formen dann
ein Bild der spezifischen Symptome
einer jeden Arznei. Wendet man sie nun
nach dem Ähnlichkeitsprinzip an, muss
man die Symptome des kranken Men
schen vergleichen mit den Symptomen
der verfügbaren Arzneien und dasjenige
wählen, das der Krankheitssymptomatik
am nächsten kommt.
40 WIRKSAM
k
cotSebodA:kifarGFIT UND GESUND
KLINGT KOMPLIZIERT
Das ist es auch – aber zum Glück nicht
immer. Einige Arzneimittel haben sich
als untereinander sehr ähnlich erwie
sen, so dass es manchmal schwerfällt,
sich für das passendste zu entscheiden.
Schwierig wird die Sache auch, wenn
Patient*innen zwar eine Diagnose,
jedoch keine oder kaum Beschwerden
haben oder diese nicht beschreiben
können. Man sollte in diesem Zusam
menhang aber noch erwähnen, dass
Homöopath*innen ihre Verordnungen
in der Regel nicht »gegen« eine be
stimmte Erkrankung richten, so dass
man am Ende – wie man es aus der
herkömmlichen Medizin kennt – je eine
Arznei pro Krankheit oder Beschwerde
bekommt. In der Homöopathie wird der
ganze erkrankte Mensch betrachtet und
so spielen bei der Wahl des passenden
Arzneimittels auch Beschwerden eine
Rolle, die mit dem eigentlichen Anliegen
des/der Kranken nichts zu tun zu haben
scheinen.
Eine wirksame Arznei bei Migräne passt
also im Idealfall auch aufeine gestörte
Verdauung, einen parallel vorhandenen
Hautausschlag oder auf psychische
Symptome und so weiter. Der Vor
teil liegt auf der Hand: ein umfassend
»ähnliches« Arzneimittel kann entspre
chend breite Wirkung entfalten – auch
auf die Beschwerden, die nicht im Fokus
stehen. Da die Wahl der Arznei aber
mitunter schwierig ist und natürlich
immer unter Berücksichtigung der
medizinischen Aspekte und etwaiger
anderer Therapieoptionen zu treffen
ist, sollte die Behandlung in komplex
gelagerten Fällen in die Hände gut
ausgebildeter Therapeut*innen gelegt
werden. In Deutschland können das
Heilpraktiker*innen oder auch Ärzt*innen
sein (Adressen finden sich am Ende
dieses Textes).
UNTER DEN IN DER HOMÖOPATHIE
GÄNGIGEN ARZNEIEN SIND JA AUCH
EINIGE STARKE GIFTE!
Das stimmt. Vor allem zu Beginn der
Homöopathie untersuchte Hahnemann
sehr giftige Substanzen ... vor allem
wohl, weil das damals gängige Arzneien
in der Medizin waren. Zum Beispiel
Tollkirsche (Atropa belladonna), Arsen,
Quecksilber, Opium. Natürlich war ihm
klar, dass man mit einer korrekten
Verschreibung nach dem Ähnlich
keitsprinzip nichts gewinnen würde,
wenn die Behandlung zugleich zu einer
bedrohlichen Vergiftung führen würde.
Also begann er damit, die Arzneimittel
schrittweise zu verdünnen. Wie zu
erwarten, ließ die Giftigkeit nach, aber
es ergab sich noch etwas Erstaun
liches: wenn erdie Arzneien nicht nur
verdünnte, sondern bei jedem Ver
dünnungsschritt auch noch kräftig
verschüttelte oder mit Milchzucker
verrieb, blieb die Wirksamkeit nicht nur
erhalten, sie schien sich sogar noch
zu verstärken oder, besser gesagt,
zu präzisieren. Also nannte er diesen
Prozess »Potenzieren«.
Später stellte sich noch heraus, dass
manche Stoffe, die im rohen Zustand
ungiftig und völlig unwirksam sind, nach
dieser s peziellen Aufbereitung »arznei
lich« wurden. Beispiele hierfür sind der
Kalk, den man aus Austernschalen
gewinnen kann oder auch die Sporen
des Keulen-Bärlapps (Lycopodium
clavatum). Bei diesem schrittweise
Potenzieren wird die Ausgangspotenz
bei den so genannten C-Potenzen
jeweils im Verhältnis 1:100 verdünnt und
dann mit den entsprechenden Schüttel
schlägen versehen, beziehungsweise
mit Milchzucker verrieben. Nach einigen
dieser Arbeitsschritte erhält man
Arzneimittel, in denen kein Molekül der
Ausgangssubstanz mehr nachweisbar
ist, und diese so genannten »Hoch
potenzen« (etwa C 30 oder C 200) sind
in der Praxis der Homöopath*innen
sehr gängig. Dieser Umstand ist für
einige Menschen Grund genug, die
Homöopathie kategorisch abzulehnen,
nach dem Motto: »Wo nichts drin ist,
kann auch nichts wirken«.
ABER WIE KANN MAN SICH DIE
WIRKUNG VON HOMÖOPATHISCHEN
ARZNEIMITTELN VORSTELLEN?
Wenn es um die Frage nach dem
Wirkprinzip geht, müssen wir einräu
men, dass das noch unbekannt ist. Am
ehesten handelt es sich um eine Art
minimalen Reiz, der die Anregung der
Selbstheilungskräfte oder Regenera
tionsfähigkeit des kranken Organismus
zur Folge hat. Es ist also ein wenig ver
gleichbar mit dem Prinzip der Impfung
oder auch der Hyposensibilisierung.
Was wir sicher sagen können ist, dass
Homöopathie sehr wirksam ist, auch
deutlich über den durch ein Plazebo zu
erwartenden Grad hinaus.
KANN MAN DIE WIRKSAMKEIT
HOMÖOPATHISCHER ARZNEIEN
BELEGEN?
Als »Goldstandard« der Wissenschaft
gilt aktuell der randomisierte Doppel
blindversuch. Dabei wird die Wirkung
eines Arzneimittels bei einer bestimm
ten Erkrankung untersucht, wobei aber
weder der Prüfungsleiter, noch die
Proband*innen wissen, ob sie ein Verum
einnehmen oder aber ein Plazebo. Für
homöopathische Arzneien lassen sich
derartige Versuchsanordnungen nur
schwer umsetzen, weil bei ein und der
selben Krankheit in der Homöopathie
ganz verschiedene Arzneimittel zum ▷
WIRKSAM 41
FIT UND GESUND
Einsatz kommen, je nach individueller
Symptomatik. Aber es gibt einige sehr
gleichförmige krankhafte Zustände, bei
denen man das bereits gemacht hat,
zum Beispiel bei intubierten Patient*
innenmit zäher Verschleimung, beim
postoperativen Ileus und bei Infekten
der oberen Atemwege. So weit ich weiß,
werden derzeit einige dieser Studien
repliziert. Sehr beeindruckend ist auch
die Anwendungsstudie des Schweizer
Pädiaters Heiner Frei, der zeigen konnte,
dass Kinder und Jugendliche mit einer
ADS/ADHS-Diagnose unter homöopa
thischer Behandlung deutliche Besse
rungen zeigen. Auch die Grundlagen
forschung ergab bereits reproduzierte
Belege dafür, dass es sich bei hoch
potenzierten Arzneimitteln um etwas
anderes handelt, als etwa potenziertes
bloßes Wasser.
Fest steht aber: die Forschung zu
den Hintergründen der Wirksamkeit
potenzierter Arzneimittel muss deut
lich angeschoben werden und hier
ist auch die öffentliche Hand gefragt,
damit es nicht wieder heißt, dass die
Studien mit einem positiven Ergebnis
nicht zuverlässig seien, weil sie von den
Homöopath*innen selbst kämen. So viel
zur Wissenschaft. Ein weiterer, ebenso
wichtiger Aspekt sind die Erfahrungen,
die die Behandler*innen und Patient*
innen mit der Homöopathie machen.
Diese Erfahrungen führen dazu, dass
Homöopathie in der Bevölkerung ak-
zeptiert ist und von einer Mehrheit der
Bevölkerung als Therapieoption ge
wünscht wird. Behandler*innen, die sich
der Homöopathie zuwenden (meistens,
nachdem sie zunächst mit herkömm
lichen Methoden behandelten), bleiben
in der Regel bei der Homöopathie, weil
die Behandlungserfolge einfach über
zeugen.
WAS KANN MAN DENN ERREICHEN MIT
DER HOMÖOPATHIE?
Wenn man davon ausgeht, dass die
Homöopathie die Fähigkeit zur Selbst
heilung oder Selbstregulation anregt,
dann ist eine Voraussetzung, dass der
zu behandelnde Zustand grundsätzlich
heilbar ist. Dazu gehören viele Allergien,
atopische Krankheiten, Schlafstörungen,
Infektneigung, Verdauungsprobleme
Migräne, Störungen des weiblichen Zyk
lus, Angstzustände und so weiter. Aber
auch, wenn eine Heilung nicht mehr zu
erwarten ist, lohnt sich ein homöopathi
scher Ansatz. Oft kann man eine Linde
rung erreichen, die von den Patient*in
nen dankbar aufgenommen wird. Viele
degenerative, chronische Leiden gehen
beispielsweise mit Schmerzen einher.
Wenn es gelingt, diese zu mindern und
damit die Mobilität zu verbessern, wirkt
sich das wiederum förderlich aus auf
die Verdauung, den Schlaf, das Herz-
Kreislaufsystem. Die Kranken (und ihr*e
Behandler*in) sind erleichtert, ihre Stim
mung bessert sich und vielleicht können
sie Arzneimittel, die sie zur Bekämpfung
ihrer Schmerzen benötigten, einsparen.
Dazu kommt, dass potenzierte Arznei
mittel – sofern sie korrekt hergestellt
und umsichtig angewendet werden -
frei sind von Nebenwirkungen.
GIBT ES ERFAHRUNGEN MIT DER
BEHANDLUNG PFLEGEBEDÜRFTIGER
MENSCHEN?
Natürlich. Bei Unruhezuständen,
Spastiken, Inkontinenz, Schlafstörungen
oder psychischen Beschwerden wie
Verwirrtheits- und Angstzuständen
lohnt sich meines Erachtens immer ein
Versuch mit Homöopathie, vor allem
bevor man zu drastischeren Maßnah
men greift. Wenn die homöopathische
Behandlung Erfolg zeigt, haben nicht
nur die Patient*innen etwas davon.
Auch die Pflegekräfte, die Betreuer*
innen und Angehörigen werden entlas
tet. Oft ist die Behandlung pflegebedürf
tiger Menschen aber mit besonderen
Umständen verbunden. Wenn eine
Krankheit zur Pflegebedürftigkeit führte,
dann handelt es sich vielfach um un
heilbare Leiden und die Betroffenen
müssen stark wirkende Medikamente
(und davon oft mehrere) einnehmen.
In diesen Fällen beschränkt sich die
homöopathische Behandlung meist
auf den Versuch, daraus resultierende
Neben- oder Wechselwirkungen zu
lindern. Aus meiner Sicht ist es ratsam,
als Homöopath*in hier »kleine Brötchen«
zu backen; und dennoch kommt es im
mer wieder zu erstaunlichen Besserun
gen von völlig unerwartetem Ausmaß.
Das freut dann natürlich alle Beteiligten.
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:
Verband Klassischer Homöopathen
Deutschlands e.V. (VKHD):
https://www.vkhd.de/Stiftung Homöopathie Zertifikat (SHZ):
https://www.homoeopathie-zertifikat.de/Qualitätskonferenz des Bund Klassi
scher Homöopathen Deutschlands e.V.
(QBKHD):
https://homoeopathie-qualitaet.de/Deutscher Zentralverein Homöopa
thischer Ärzte (DZVhÄ):
https://www.dzvhae.de/ ◆
Stefan Reis
Heilpraktiker,
Mülheim an der
Ruhr, sr@vkhd.de
Foto: Stefan Reis (privat)
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