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Author Topic: Vertraulicher Task-Force-Bericht zum Fall Wilke veröffentlicht  (Read 209 times)

Krik

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Vertraulicher Task-Force-Bericht zum Fall Wilke veröffentlicht
« on: October 28, 2019, 10:18:58 AM »

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28.10.2019
Pressemitteilung

"Verwesungsgeruch" und "Mäusekot": foodwatch veröffentlicht vertraulichen Task-Force-Bericht zum Fall Wilke
Dokument zeigt Totalversagen von Behörden und Unternehmen

- „Mäusekot“, „Fliegenbefall“ und „Verwesungsgeruch“ bei Wilke vorgefunden

- Trotz Listeriennachweis: Behörden verzichteten mehrfach auf öffentlichen Rückruf

- Falsche Information der Öffentlichkeit durch Hessische Verbraucherschutzministerin


Berlin, 28. Oktober 2019. foodwatch hat am Montag den vertraulichen Bericht der „Task-Force Lebensmittelsicherheit“ zum Listerienskandal um die Firma Wilke veröffentlicht. Das Dokument führt auf mehr als 30 Seiten detailliert auf, wie schwerwiegend die Hygieneverstöße bei dem Wursthersteller tatsächlich waren – und wie die Behörden vergeblich versuchten, die Lage in den Griff zu bekommen. Aus Sicht von foodwatch dokumentiert der Bericht auch, wie die hessischen Behörden mehrfach fatale Fehlentscheidungen trafen und nicht das Notwendige taten, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen.

„Wenn die Angaben in dem Bericht richtig sind, handelt es sich um ein Dokument des Totalversagens – von einem Unternehmen, das schon über einen langen Zeitraum offenbar nicht in der Lage war, sichere Lebensmittel herzustellen, und von Behörden, die mehr den Betrieb als die Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt haben“, erklärte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker.

Mit drastischen Worten führt die beim Regierungspräsidium Darmstadt angesiedelte Task-Force aus, in welch katastrophalem hygienischen und baulichen Zustand sie den Betrieb am 2. Oktober – als die Schließung bereits angeordnet war – vorgefunden hat. Aus einer Chronologie der Ereignisse geht hervor, wie die Behörden zuvor vergeblich versucht hatten, die Lage mit Hilfe von Kontrollen, Bußgeldern, Anordnungen und Reinigungsmaßnahmen in den Griff zu bekommen – und dabei scheiterten.

Martin Rücker: „Das Wichtigste ist: Nach unserer Einschätzung hätte es schon viel früher mehrfach zu einem öffentlichen Rückruf von Wilke-Produkten kommen müssen. Die Behörden haben es versäumt, die Menschen zu schützen.“

Aus Sicht von foodwatch müssen den hessischen Behörden mehrere Vorwürfe gemacht werden:

1. Die Behörden griffen zu spät ein.

- Die Vielzahl der von der Task-Force beschriebenen, am 2.10.2019
vorgefundenen baulichen Mängel (Feuchtigkeit, fehlende Hygieneschleusen)
erwecken den Eindruck, dass eine hygienische Produktion in den
Räumlichkeiten im beschriebenen Zustand gar nicht möglich war. Dies
musste auch bei früheren Kontrollen aufgefallen sein und hätte
Konsequenzen nach sich ziehen müssen.

- Der Task-Force-Bericht führt auch frühere Fälle von
Salmonellenbelastungen (September und Oktober 2013) auf und erwähnt
„Unstimmigkeiten und Defizite“ in den Grundlagen des
Hygienemanagements, die die Behörden bereits Anfang 2014 festhielten.
„Auffälligkeiten“ habe es bereits 2012 gegeben. Es ist offensichtlich,
dass die behördlichen Maßnahmen nicht ausreichend waren, um das in den
Griff zu bekommen.

- Die Task-Force führt auf, dass 2018 bei Eigenuntersuchungen des
Unternehmens jedes zweite (!) Fertigprodukt von Wilke mikrobiologisch
„nicht in Ordnung“ gewesen sein soll, zudem hätten nötige
Hygieneschulungen der Mitarbeiter nicht nachgewiesen werden können. Bei
einem über Jahre hinweg bereits wegen seines Hygienemanagement
auffälligen Betriebs wäre es aus Sicht von foodwatch unerlässlich
gewesen, dass die Kontrollbehörde Eigenkontrollen und Hygieneschulungen
engmaschig überwacht – und eine Einhaltung der Vorgaben durchsetzt.

2. Mehrfach verzichteten sie auf die Anordnung öffentlicher Rückrufe und
setzen damit die Verbraucherinnen und Verbrauchern unnötigen Risiken aus.

- Im März und April 2019 gab es dem Task-Force-Bericht zufolge bereits
Listeriennachweise auf Wilke-Produkten, festgestellt von Behörden in
Hamburg und Balingen (Baden-Württemberg). Ende August 2019 wird in Hamburg
abermals auf Wilke-Produkten ein Listerienfund aufgelistet. Am 25.9.2019
legten hessische Behörden unter Beteiligung des
Landesverbraucherschutzministeriums u.a. eine Rücknahme der vor dem 5.9.
produzierten Ware fest. In allen Fällen gab es offenbar keinen
öffentlichen Rückruf und damit keine Warnung der Verbraucherinnen und
Verbraucher. Dies wäre nur dann im Einklang mit dem Lebensmittelrecht,
wenn mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die betroffenen
Chargen die Endverbraucher noch nicht erreicht haben können.

3. Die Behörden griffen zu erkennbar unzureichenden Maßnahmen.

- Der Task-Force-Bericht führt vielfache Kontrollen und Probennahmen durch
Unternehmen und Behörden auf. So habe es im April 2019 Listeriennachweise
in der Produktion gegeben. Im Mai 2019 seien bei einem externen Audit
Mängel bei der Maschinenreinigung festgestellt worden, ebenfalls im Mai
2019 vermerkten Amtskontrolleure „erhebliche Hygienemängel“ und
verhängten ein Bußgeld. Immer wieder werden Reinigungsmaßnahmen
durchgeführt, zum Teil von Behörden angeordnet. Dass damit jedoch die
erheblichen baulichen Mängel nicht beseitigt werden konnten, ist
offensichtlich. Zudem fehlte es nach Einschätzung von foodwatch an einer
funktionierenden Nachkontrolle, ob die behördlichen Maßnahmen zur
gewünschten Wirkung führten.

- Am 20. September 2019 verständigten sich die hessischen Behörden laut
Task-Force-Bericht auf die Verfügung eines Verkehrsverbotes für
geschnittene Produkte, bis diese negativ auf Listerien getestet wurden.
Warum sich diese Verfügung auf geschnittene Produkte beschränkt, ist für
foodwatch nicht nachvollziehbar, da zuvor aus verschiedenen Stellen der
Produktion Listeriennachweise bekannt wurden und das Unternehmen erst am
10. September die Behörden verspätet über frühere Listereinnachweise in
mehreren – auch ungeschnittenen – Produkten informiert hatte.

4. Die Behörden machten öffentlich falsche Angaben.

Bereits bekannt ist, dass die Angaben über die vom Rückruf betroffenen
Wilke-Produkte zunächst falsch waren (Beschränkung auf Marke
„Wilke“). Aus dem Task-Force-Bericht gehen zwei weitere Stellen hervor,
an denen falsch oder mangelhaft informiert wurde:

- Hessens Verbraucherschutzministerin Priska Hinz gab öffentlich an, dass
ab dem 20.9.2019 „nur noch auf einen Listerien-Schwellenwert hin
geprüfte Produkte den Betrieb verlassen“ durften. Aus dem
Task-Force-Bericht geht jedoch hervor, dass sich diese Verfügung offenbar
nur auf „geschnittene Produkte“ bezog (siehe 3.).

- Der Landkreis Waldeck-Frankenberg hielt nach einer Betriebskontrolle am
5.9.2019 öffentlich fest, dass ein „Großteil der Mängel“, die bei
einer vorherigen Kontrolle festgestellt worden waren, „abgestellt“
worden seien. Der Task-Force-Bericht rückt die Kontrolle in ein anderes
Licht – u.a. habe es vom 6. bis zum 8.9. einen „Produktionsstopp“ zur
„Reinigung und Desinfektion sämtlicher Produktionsräume“ gegeben.

In ihrem Bericht gibt die Task-Force in Bild und Text ihre Eindrücke aus
dem Betrieb am 2. Oktober 2019 wieder, als diesem gerade die Produktion
behördlich verboten worden war. Beschrieben werden einerseits mangelhafte
Hygienezustände – die Rede ist u.a. von „massive[r] Schaum- und
Biofilmbildung“, „deutliche[m] Kläranlagengeruch“, „vergammelte[n]
Fleischsaftreste[n]“, „Verwesungsgeruch“, „große[n] Wasserlachen
zwischen Produkten, „Kläranlagengeruch“, „Mäusekot“ und
„Fliegenbefall“. Andererseits dokumentiert die Task-Force auch
erhebliche bauliche Mängel, die insofern nicht erst kurzfristig
aufgetreten sein können – so waren mehrere „Hygieneschleusen an den
Übergangspunkten […] nicht vorhanden“, „…Kondenswasser von
verschimmelter und verschmutzter Decke tropfte in direkt darunter stehende
offene Fleischwannen“, durch die „ständige Feuchtigkeit“ seien „an
einer Vielzahl von Stellen Biofilme, Schimmel, Rost und Kalk nachweisbar“
gewesen. Eine einheitliche Listerienquelle existiert nach Einschätzung der
Task-Force nicht: „Vielmehr muss der gesamte Produktionsbereich als
großflächig kontaminiert angesehen werden.“

Auch konnten dem Bericht zufolge es die erforderlichen Hygieneschulungen
von Wilke-Mitarbeitern „nicht nachgewiesen werden“. Analysen der
Keimbelastung Qualität von Fertigwaren, die der Hersteller Wilke selbst
durchgeführt hatte, sollen zudem zeigen, „dass im Jahr 2018 die Hälfte
der mikrobiologisch untersuchten Fertigprodukte nicht in Ordnung, also in
mikrobiologischer Hinsicht auffällig waren. Dass dies offensichtlich keine
ausreichenden Konsequenzen nach sich zog, lässt auf ein vollständiges
Versagen des Eigenkontrollsystems schließen.“ Eine kritische Bewertung
der behördlichen Maßnahmen nimmt die Task-Force größtenteils nicht vor.
Nach Einschätzung von foodwatch zeugt der Bericht jedoch ebenso klar einem
vollständigen Versagen der behördlichen Maßnahmen.

Anmerkung: foodwatch hat den Task-Force-Bericht aus einer als zuverlässig
eingestuften Quelle erhalten. Wir haben keine Informationen darüber, ob
alle im Bericht der hessischen „Task-Force Lebensmittelsicherheit“
dargestellten Fakten und Ausführungen korrekt sind.


Quellen und mehr Informationen:

- Task-Force-Bericht zu Wilke:
http://mailings.foodwatch.de/c/[SPIONAGE-ULS SIND HIER VERBOTEN!]

- Zitate aus dem Task-Force-Bericht (Zusammenstellung durch foodwatch):
http://mailings.foodwatch.de/c[SPIONAGE-ULS SIND HIER VERBOTEN!]

 
PRESSEKONTAKT:
foodwatch e.V.
Andreas Winkler
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90
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Task-Force-Bericht zu Wilke:
https://www.foodwatch.de/fileadmin/-DE/Themen/Rueckrufe/Dokumente/Task-Force-Bericht_Wilke.pdf

Zitate aus dem Task-Force-Bericht (Zusammenstellung durch foodwatch):
https://www.foodwatch.de/fileadmin/-DE/Themen/Rueckrufe/Dokumente/2019-10-28_Zitate_aus_Wilke-Taskforce-Bericht.pdf




https://www.foodwatch.de/fileadmin/-DE/Themen/Rueckrufe/Dokumente/2019-10-28_Zitate_aus_Wilke-Taskforce-Bericht.pdf

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„Vollständiges Versagen“:
Zitate aus dem Bericht der Task-Force Lebensmittelsicherheit zum Fall Wilke


In ihrem Bericht gibt die Task-Force in Bild und Text ihre Eindrücke aus dem Betrieb am 2.
Oktober 2019 wieder, als diesem gerade die Produktion behördlich verboten worden war:

Konfrontiert mit dem Zusammenhang seiner Produkte mit Todesfällen, beschreibt die Task-
Force Wilke-Geschäftsführer Rohloff als „uneinsichtig“; noch vor Betriebsrundgang habe er
sich zurückgezogen. (S. 6)

Die Task-Force schildert massive hygienische und bauliche Mängel:
o
„Obwohl die Zeit zwischen der Reinigung und der Kontrolle [...] ein längeres
Abtrocknen als üblich ermöglichte, waren beim weit überwiegenden Teil der
kontrollierten Räume die Decken inkl. der dort befindlichen Rohre und
Kühlaggregate feucht oder nass. Von vielen Stellen tropfte Wasser herab. Dies betraf
auch diejenigen Räume, in denen offenes Fleisch oder nicht umhüllte Wurst
bearbeitet wurde. Durch die ständige Feuchtigkeit war an einer Vielzahl von Stellen
Biofilme, Schimmel, Rost und Kalk nachweisbar.“ (S. 7)
o
„...Kondenswasser von verschimmelter und verschmutzter Decke tropfte in direkt
darunter stehende offene Fleischwannen“ (S. 10)
o
„Reiferaum: große Wasserlachen zwischen Produkten [...] Kondenswasser der
Kühlaggregate wurde in den Raum geleitet; massive Schaum- und Biofilmbildung an
der Pfütze; beim Betreten des Raumes war ein deutlicher Kläranlagengeruch
wahrnehmbar“ (S. 13)
o
„Aufzug, mit dem auch Wurst und Fleisch offen transportiert wurde: vergammelte
Fleischsaftreste; beim Öffnen der Aufzugtür war ein deutlicher Verwesungsgeruch
wahrnehmbar“ (S. 14)
o
„Kühlraum, in dem Naturdärme zum Verzehr auch offen gelagert wurden:
Mäusekot“ (S. 15)
o
„Gewürzlager: Fliegenbefall in einem Raum, der über kein Fenster verfügt und in
welchem Insekten daher eigentlich gar nicht vorkommen dürften“ (S. 16)
o
Mehrere „Hygieneschleusen an den Übergangspunkten waren nicht vorhanden“ (S.
25)
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Die Task-Force listet zehn Punkte auf, in denen Wilke-Mitarbeiter jährlich in Bezug auf
Hygienefragen hätten geschult werden müssen – zwar habe es bei „vielen“ Mitarbeitern
Schulungen gegeben, „jedoch dauerten diese Schulungen lediglich zwischen 20 und 30
Minuten“ – für eine Weiterbildung zur Zusammensetzung von Lebensmitteln, zum
Lebensmittelrecht, Hygieneanforderungen, Eigenkontrollen, Krisenmanagement, Umgang
mit Abfällen, Reinigung und Desinfektion etc., die in mindestens drei Sprachen durchgeführt
werden musste. Fazit der Task-Force: „Die erforderlichen Hygieneschulungen konnten
mithin nicht nachgewiesen werden.“ (S. 27)

Analysen der Keimbelastung von Fertigprodukten, die der Hersteller Wilke selbst
durchgeführt hatte, zeigen dem Task-Force-Bericht zufolge, „dass im Jahr 2018 die Hälfte
der mikrobiologisch untersuchten Fertigprodukte nicht in Ordnung, also in
mikrobiologischer Hinsicht auffällig waren. Dass dies offensichtlich keine ausreichenden
Konsequenzen nach sich zog, lässt auf ein vollständiges Versagen des Eigenkontrollsystems
schließen.“ (S. 28)

Das Gesamt-Fazit der Task-Force zu ihren Eindrücken vom 2. Oktober: „Der Betrieb bietet in
dem anlässlich der Kontrolle vom 2. Oktober 2019 vorgefundenen Zustand ideale
Bedingungen für eine persistierende Ansiedlung, Vermehrung und Verbreitung von Listerien.
Eine singuläre, punktuelle Listerienquelle existiert nicht. Vielmehr muss der gesamte
Produktionsbereich als großflächig kontaminiert angesehen werden.“ (S. 5)
Anmerkung: Die Zitate geben die Ausführungen der hessischen Task-Force Lebensmittelsicherheit
wieder. foodwatch kann die Richtigkeit der Task-Force-Darstellungen nicht überprüfen.
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« Last Edit: October 28, 2019, 12:45:29 PM by Krik »
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