Dr. Klaus Keck 

Kommentar zu Prof. Walachs Prüfung der "fachlichen Qualität" unserer Webseite



Mit einem Schreiben,  veröffentlicht in dem Webportal psychophys.com, meldet sich der Psychologe Prof. Walach (Univerität Freiburg) als "Experte" zu Wort. Diese als "Prüfung unserer  Webseite" angekündigte Stellungnahme  ist wohl eher ein Gefälligkeitsgutachten das auf offensichtlich falschen Informationen beruht.


Der Redakteur, Herr Fritzsche schreibt hier:

"Zu den Merkwürdigkeiten dieses Links gehört die Tatsache, dass die GWUP hier eigene Anhänger zitiert, ohne über diesen Sachverhalt aufzuklären."

Der Artikel, wie auch andere Seiten dieses Portals sollen offenbar den Eindruck  einer Verschwörung erwecken: Organisiert in der GWUP, veranstalten Wissenschaftler im Ruhestand, einen Kreuzzug gegen brave und fortschrittliche Wissenschaftler, um ihr altes, längst überholtes "Wissenschaftsbild" zu retten.

Ich möchte dazu bemerken, dass weder Herr Wielandt noch ich der GWUP angehören, nur Herr Bruhn ist deren Mitglied. Bedauerlicherweise hat Herr Fritzsche hier schlecht recherchiert. Wir sind weder von der GWUP beauftragt, noch arbeiten wir mit ihr zusammen. Ich bitte Herrn Fritzsche, die entsprechenden Passagen aus seinen Webseiten zu streichen.

Herr Fritzsche präsentiert Prof. Walach als "Experten", aber er erklärt nicht wofür. Prof. Walach ist Diplompsychologe und, wenn man Google glauben darf, in erster Linie mit Geistheilern beschäftigt. Es ist nicht ersichtlich warum er für rein naturwissenschaftliche Experimente als Experte gelten kann. Aber ich will mich daran orientieren, ob seine Argumente Gewicht haben.

Ich kommentiere hier nur einige Punkte des Schreibens von Prof. Walach.


Prof. Walachs modernes Wissenschaftsbild

Prof. Walach wirft uns vor, wir hätten ein "Wissenschaftsbild, das ungefähr um die Zeit von 1940 stehen geblieben" ist. Wir haben eine ausführliche Textexegese betrieben, um herauszufinden worin sich das moderne Wissenschaftsbild von Prof. Walach von unserem unterscheidet. Der Text ist nicht immer klar, manches wird nur Eingeweihten verständlich sein. Umberto Ecco hätte seine Freude daran und würde diese Stellungnahme gewiss den Rosenkreutzern in die Schuhe schieben. Trotzdem sind wir fündig geworden.


Die Reproduzierbarkeit von Versuchen
Wir  Naturwissenschaftler hängen z.B. an solchen altmodischen Grundsätzen wie: "Ein Experiment muss reproduzierbar sein, sonst  wird das Resultat nicht anerkannt." Merkwürdigerweise hält es Prof. Walach ebenfalls für wichtig, dass die Experimente von anderen Labors bestätigt werden, aber dann hebt er diese Forderung wieder auf, indem er schreibt:

"Die homöopathische und andere Literatur ist voll von sehr vielen Abweichungen, die nicht auf bewussten Irrtum oder Irreführung der Öffentlichkeit zurückzuführen sind. Sie sind aber meistens in reproduzierbaren Experimentalserien nicht weiter nachweisbar oder verändern ihre Datenstruktur. Dies ist aus meiner Sicht nicht die Signatur eines fehlerhaften experimentellen Herangehens, sondern Zeichen einer Kategorie von Effekten, die wir noch viel zu wenig verstehen. Ich bin der Meinung, dass sie Hinweis auf nichtlokale Kopplung in makroskopischen Systemen sind, von denen wir nicht einmal im Ansatz verstehen, was sie bedeutet, wie sie zustande kommt und in welcher Weise sie relevant sein kann. "

Das bedeutet doch nichts anderes, als dass Experimente auch dann richtig sein können, wenn sie sich nicht wiederholen lassen. Hier wird der Gebrauch von Begriffen deutlich, die offensichtlich nur "Eingeweihten" verständlich sind. Ich kann mir unter "veränderlichen Datenstrukturen" und "nichtlokale Kopplung in makroskopischen Systemen" im Zusammenhang mit den  von uns kritisierten Experimenten beim besten Willen nichts vorstellen. Diese Begriffe gehören wohl eher in den Bereich der Parapsychologie. Prof. Walach gibt zu erkennen, daß ihm naturwissenschaftliches Denken fremd ist. Da bleiben wir doch lieber bei unserem alten Wissenschaftsbild von 1940.

Was sich überhaupt sagen lässt,
lässt sich klar sagen;
und wovon man nicht reden kann,
darüber muss man schweigen.
(Ludwig Wittgenstein)



Prof. Walachs Kritik an unseren Vorwürfen

Prof. Walach schreibt,

"Gegenstand dieser Arbeit war, so weit ich dies beurteilen kann, ein einziges Experiment aus einer einzigen Arbeitsgruppe, und als solches sind die Daten zu werten, zu kritisieren und auch zu bewerten."

Das ist merkwürdig! Wenn Prof. Walach die Arbeit wirklich gelesen hat, dann müsste er doch bemerkt haben, dass es sich um eine ganze Reihe von Experimenten handelt. So sind z.B. Experimente mit  Rattendarm als Muskelpräparat und solche mit Muskeln aus dem Magenbereich durchgeführt worden und diese jeweils mit zwei verschiedenen Stimulatoren, nämlich ACh und SP. Es handelt sich also um insgesamt 4 verschiedene Versuchsgruppen bei denen jeweils mehrere Potenzen gemessen wurden. Insgesamt wurden 40 Experimente durchgeführt mit jeweils wiederum 7 bis 11 Einzelmessungen. Wie konnte Prof. Walach zu der Ansicht gelangen, dass es sich nur um ein einziges Experiment handelt?
 
Eine andere Merkwürdigkeit: Prof. Walach schreibt:

"Wichtiger wiegt das Argument der Verblindung. Soweit ich die Publikation in Erinnerung habe, sind die Untersuchungen blind vorgenommen worden. Ein großer Teil der Vorwürfe der Kritik-Autoren richtet sich dagegen, dass die Diplomanden und Personen, die Messungen vorgenommen haben, durch Selektionsbias bzw. durch Schätzfehler die Daten verzerrt haben könnten. Dies ist selbstverständlich dann richtig, wenn Untersuchungen nicht verblindet durchgeführt werden. Ohne dies im Detail jetzt genau beurteilen zu können, hatte ich allerdings bei der Lektüre der Originalarbeit den Eindruck, dass die Arbeiten blind durchgeführt worden sind. Dies gälte es zu überprüfen. Denn wenn die Vorwürfe berechtigt sind, dass die Studie nicht verblindet durchgeführt worden ist, dann sind die Argumente der Kritiker durchaus berechtigt."

In der Originalveröffentlichung steht nichts von einer Verblindung. Ein so wichtiges und vor allem ungewöhnliches Versuchsdetail geht nicht einfach beim Schreiben einer Veröffentlichung verloren. Eine solche, wichtige Information steht normalerweise auch im Abstract oder sogar im Titel oder Untertitel einer Arbeit. Also muss man als selbstverständlich annehmen, dass die Untersuchung nicht verblindet durchgeführt wurde. Prof. Walach beruft sich auf seine Erinnerung. Warum prüft  Prof. Walach nicht, was nun wirklich in der Arbeit steht, bevor er seinen Kommentar dazu im Internet veröffentlicht?
 
Die wichtigste Information steht nicht in dem Brief sondern in einer dazugehörenden E-Mail von Prof. Walach an Herrn Fritzsche. Hier ein Auszug:

"Dazu noch eine Info: Ich habe mittlerweile mit Herrn Süss sprechen können. Er hat mir im Gespräch bestätigt, dass, wie ich vermutete, die Versuche blind durchgeführt worden sind. Also entbehrt ein wesentliches Argument der Kritiker der Grundlage. Ausserdem sind offenbar, soweit er es sagen konnte, die Ausreisserkontrollen generell durchgeführt worden und nicht nur bei der Kontrollgruppe, wodurch wiederum ein wesentliches Argument hinfällig wird."

Die beiden nächsten Punkte beziehen sich auf diese E-Mail.


1. Blindversuche:

 
Prof. Walach schreibt hier, Herr Süß habe ihm bestätigt, dass die Versuche blind durchgeführt worden seien.

Diese Information ist falsch. Aus folgenden Gründen:

  • In der Originalveröffentlichung steht nichts von einer Verblindung. Ich hatte bereits darauf hingewiesen.
  • Da wir in dem Entwurf unseres Kommentars, den wir Frau Nieber zugeschickt haben, bevor unsere Webseite veröffentlicht wurde, diesen Punkt besonders hervorgehoben haben, hätte sicher Frau Nieber in ihrer Stellungnahme diesen Punkt nicht nur klargestellt, sondern auch die Gründe dafür genannt, weshalb dieses wichtige experimentelle Detail nicht in der Veröffentlichung erschien.
  • Die uns bekannte Diplomarbeit erwähnt bei der Beschreibung der normalen Versuche keine Verblindung, aber schildert einen und nur einen solchen Versuch unter der Überschrift: "Blindversuch". Hier ist nur eine Versuchsreihe angeführt und gerade diese zeigt keinen signifikanten Unterschied zwischen der D100-Lösung und der Wasser-Kontrolle. Damit haben  die Autoren ihre eigenen Ergebnisse widerlegt. Ich wundere mich, daß Prof.  Walach dieses wichtigste aller Experimente, das auf unserer Webseite ausführlich dargestellt ist, nicht erwähnt hat. Es ist das einzige Experiment, dessen Durchführung den von uns und Prof.  Walach in seinem  Brief erhobenen Ansprüchen genügt. Die folgende Abbildung zeigt  das Ergebnis dieses Versuches.
blindversuch
Links: Messwerte der Wasserproben. Rechts: Die der Belladonna D100 Proben. Ein Messwert mit 239 % bei den Wasserproben, der außerhalb der Skala liegt, wurde hier nicht mit berücksichtigt. Werte aus der Diplomarbeit Maier.
  • Wir hatten uns bei Frau Nieber nach den restlichen Blindversuchen erkundigt. Sie teilte uns in ihrer Stellungnahme mit, es gäbe nur diese eine Versuchsreihe.
  • Uns liegt die Dissertation von Frau Dr. Radau vor, die in ihrer Arbeit die von Schmidt et. al. beschriebenen Versuche nicht etwa nachprüft, sonder als Standard-Methode benutzt, um zu untersuchen, mit welchen Potenzierungs-Methoden das "therapeutische Agens" am  effektivsten potenziert wird. Auch hier werden Blindversuche nicht erwähnt.

2. Ausreißerkontrollen:

Ich vermute, Prof. Walach meint die Datenselektion, von der wir erst durch die Gegendarstellung von Frau Nieber erfahren haben. Wir haben das auf unserer Webseite eingehend dargestellt. Eine Ausreißerkontrolle, also die Zurückweisung von extremen Messwerten, ist etwas völlig anderes. Durch die von Frau Nieber  eingeräumte Datenselektion entstehen neue, von Null abweichende Mittelwerte, mit einem neunen Mittelwert von etwa 15% Hemmung, also etwa in dem Bereich, in dem die Versuchsergebnisse der Autoren liegen. Es ist selbstverständlich, dass jede Art von Datenselektion, sei sie auch noch so berechtigt, dem Leser mitgeteilt werden muß. Prof. Walach erwähnt in seinem Brief:

"Die entscheidende Frage ist nicht, ob Daten weggelassen worden sind, sondern ob  die Strategie allgemein angewandt worden ist, also auch für Kontrolldaten."

 Prof. Walach ist möglicherweise entgangen, dass es in der Veröffentlichung überhaupt keine Kontrolldaten gibt. Die Autoren weisen nur lapidar darauf hin, daß die Wirkungslosigkeit von Proben, die nur Wasser enthielten, bereits in anderen Studien nachgewiesen worden sei. Die Daten werden zwar als %-Werte von Kontrollen angegeben, aber hier handelt es sich um Kontrakionswerte, auf die die anderen Werte bezogen wurden, um versuchsbedingte Schwankungen zu minimieren, also  eigentlich um Eichwerte.

Auch die Information, daß die von uns beanstandete Datenselektion  generell vorgenommen wurde, ist falsch, wie wir an Hand der Daten der Diplomarbeit und der Dissertation von Frau Radau belegen können.

Wir haben den Eindruck, dass der Leser durch diese E-Mail getäuscht werden soll. Ob Prof. Walach hier getäuscht hat, oder ob er selbst getäuscht wurde, können wir natürlich nicht beurteilen.

Das hat Prof. Walach wirklich geschickt arrangiert. Zunächst erweckt er in dem Brief den Eindruck  eines unvoreingenommen Kritikers und räumt ein, dass unsere Argumente unter bestimmten Bedingungen berechtigt sein könnten.  In einem kleinen Zusatz sammelt er dann alle Zugeständnisse wieder ein, indem er fälschlicherweise behauptet, diese Bedingungen seien nicht erfüllt und unsere Einwände deshalb haltlos.

Prof. Walachs Schreiben ist sehr merkwürdig, gilt doch seine meistzitierte Veröffentlichung als Beweis dafür, dass hochverdünnte Belladonna-Potenzen als homöopathische Arzneimittel unwirksam sind [1],  ein Ergebnis, das durch die Untersuchungen von Briean et. al. [2] bestätigt  wurde.


[1] Walach, H., Köster, H., Henning, T. und Haag, G.: The effects of homeopathic belladonna 30CH in healthy volunteers -- a randomized, double-blind experiment, J.Psychosom. Res. 2001, 50, 155-160

[2] Briean, S., Lewith, G. uns Bryant, T.:Ultramolecular homeopathy has no observable clinical effects. A randomized, double-blind, placebo-controlled proving trial of Belladonna 30C, Br. J. Clin. Pharmacol. 2003 Nov;56(5):562-8.