Das
Ende der Homöopathie?
Leipziger
Forscher widerlegen Hahnemann
Zwei Jahrhunderte lang galt für die Homöopathie die von Hahnemann aufgestellte Regel, nach der die Wirkung eines Arzneimittels beim Verdünnen mit gleichzeitigem Schütteln (Potenzieren) zunimmt. Neuere Forschungsergebnisse, die von der Arbeitsgruppe von Prof. Süß und Prof. Nieber am Pharmakologischen Institut der Universität Leipzig veröffentlicht wurden [1], widersprechen dieser von Hahnemann aufgestellten Grundregel der Homöopathie. Die Autoren arbeiten mit einem Testsystem, bei dem die Kontraktion von Muskeln durch den Botenstoff Acetylcholin (ACh) gemessen wird. Belladonna, ein Extrakt aus der Tollkirsche oder dessen Wirkstoff Atropin hemmen in hohen Konzentrationen die durch ACh ausgelöste Muskelkontraktion. Darauf beruht die bekannte Giftigkeit der Tollkirsche. Die Ergebnisse der Autoren zeigen, dass eine Potenzierung des Atropins zunächst zu einer Wirkungsumkehr führt (Bereich B in der Abbildung). Die Kontraktion der Muskeln wird gesteigert. Bei weiterem Potenzieren beobachten die Autoren eine zweite Wirkungsumkehr. Man erhält ein Präparat das wieder die Eigenschaften des Wirkstoffs in hoher Konzentration erlangt: Es hemmt die Muskelkontraktion wie Atropin in konzentrierter Lösung (Bereich C in der Abbildung). Diese Ergebnisse wurden durch weitere Experimente im Rahmen der Dissertation von Dr. Radau bestätigt. Zweimalige Wirkungsumkehr beim Potenzieren von Belladonna. Die Punkte markieren die Messwerte der Autoren. Daten aus der Originalveröffentlichung [1]. A: Bereich der schädigenden Wirkung bei niedrigen Potenzen bzw. hohen Konzentrationen z.B. Giftigkeit der Tollkirsche. B: Bereich der 1.Wirkungsumkehr (ca. 20% Erhöhung der Muskelkontraktion), C: Bereich der 2. Wirkungsumkehr (ca. 50% Hemmung der Muskelkontraktion). Welche Gesichtspunkte muss ein Homöopath beachten, wenn er diese unerwarteten Ergebnisse in seiner praktischen Tätigkeit berücksichtigen will?
Er kann nicht mehr davon
ausgehen, dass eine steigende Potenzierung mit einer Steigerung der
Wirksamkeit einhergeht. Es ist unklar, wie sich die 1. Wirkungsumkehr
auf die Patienten auswirkt. Sind die Präparate in diesem Bereich
wirkungslos oder gar schädlich? Für welche Potenz soll er
sich entscheiden? Kann er darauf vertrauen, dass die
Wirksamkeitsbereiche für alle Homöopathika gleich sind? Er
muss
befürchten, dass er seinen Patienten wirkungslose Arzneimittel
verschreibt.
Dies ist sicher der wichtigste
Aspekt der von der Arbeitsgruppe veröffentlichten
Untersuchungsergebnisse. Bisher konnte ein Homöopath sich darauf
verlassen, dass Präparate der höheren Potenzen so geringe
Mengen der Originalsubstanzen enthalten, dass keine Nebenwirkungen zu
befürchten sind. Nach den neuen, von den Autoren mitgeteilten
Ergebnissen, gilt dies nicht mehr. Im Gegenteil, bei höheren
Potenzen nimmt das
Präparat wieder die schädlichen Eigenschaften der
Ursprungssubstanz an. Bei den Versuchen der Arbeitsgruppe ist das der
Fall in dem Potenzbereich von D35 bis D100. Diese Potenzen zeigen
physiologisch messbare Wirkungen (Hemmwerte bis 50%), entsprechend der
Mitteilung der Autoren. Berücksichtigt man, dass bei dem
Muskel-Kontraktionstest das Atropin D100-Präparat in dem
Test 1000-fach verdünnt eingesetzt wurde, dann kann man
schließen, dass dieses Präparat die "wirksamen Einheiten" in
einer Konzentration enthält, die 1000-fach über der
physiologisch wirksamen Dosis liegt. Solche Präparate enthalten
also potenziell giftige Arzneimittel. Selbst wenn nicht alle
Präparate wirklich giftig werden, so müsste man doch mit
ernsten Nebenwirkungen rechnen, die es zu erforschen gilt.
Mit Tierversuchen müsste man kontrollieren, ob und bei welchen Potenzen die verschiedenen homöopathischen Arzneimittel für den Patienten gefährlich sein können. Eine Kontrollbehörde müsste die Zulassung der Arzneimittel prüfen. Warnhinweise auf den Verpackungen wären unumgänglich, um auf die Gefährlichkeit dieser Präparate hinzuweisen. Die Fläschchen müssten mit kindersicheren Schraubverschlüssen ausgestattet werden. Die Leipziger Forscher verkünden das Ende der Homöopathie, ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie haben gar nicht bemerkt, welche Konsequenzen aus ihrer Veröffentlichung gezogen werden müssen. Für ihre Arbeiten haben die Forscher zwei Preise erhalten, der Hans-Heinrich-Reckeweg-Preis 2003 wurde ihnen von der Internationalen Gesellschaft für Homotoxikologie verliehen, den 1. Hahnemannpreis erhielten sie von der Stadt Meißen. Es darf vermutet werden, dass die Sponsoren die Brisanz der Ergebnisse nicht bemerkt haben. Literatur:
|